Geschichte

Die Idee

Arthur Hebling
Arthur mit Schwester Bettina und Jeff

Margit Fischer handelte aus persönlicher Betroffenheit. Ihr Sohn Arthur, ein Autist, besuchte lange Jahre die Karl-Schubert-Schule in Wien, eine Anthroposophische Schule für geistig Behinderte. Margit Fischer setzte sich intensiv mit der anthroposophischen Lehre und ihren Therapien auseinander und arbeitete bei den verschiedensten schulischen Projekten mit. Ebenso half sie beim Aufbau einer neuen Dorfgemeinschaft in Breitenfurt bei Wien mit, organisierte Kontakte zu Finanziers und Politikern und half bei der Planung mit.

Durch diese Auseinandersetzung mit der Lehre Rudolf Steiners kam ihr die Idee, dass eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft für behinderte Erwachsene auf einem Bauernhof, der biologisch-dynamisch geführt wird, eine besondere Wirkung auf die Seele des Menschen haben müsste.

In dieser Form, einer familienähnlichen Einrichtung auf einem biologisch-dynamisch geführten Bauernhof, gab es 1990 noch keine Institution in Österreich. 

So entstand die Idee, einen Hof zu gründen, der für die Betreuung geistig Behinderter in einer familiären Struktur vorgesehen ist. 

Entstehung

Nachdem das Projekt einer Betreuung am Bauernhof in ihren Gedanken immer mehr herangereift ist, begann Margit Fischer mit der Suche nach einem geeigneten landwirtschaftlichen Betrieb in der Nähe von Wien. Schon bald sollte sich jedoch herausstellen, dass die Grundstückspreise so nah an der Bundeshauptstadt entweder unerschwinglich waren, oder geeignete Objekte nicht vorhanden waren. So dehnte sich das Suchgebiet immer weiter aus, bis ins südliche Mostviertel.

Durch einen befreundeten Mitarbeiter des Straßenbauamtes Scheibbs erhielt Margit Fischer den Tipp, dass im Texingtal ein Bauernhof zu verkaufen sei. Bei näherer Inspektion stellte sich jedoch heraus, dass der Hof mitsamt dem zugehörigen landwirtschaftlichen Grund zu klein und viel zu steil war. Am Hof selbst wohnte Herr G., der von Margit Fischers Idee begeistert war und ihr versprach, sich zu melden, sobald er vom Verkauf eines geeigneten bäuerlichen Betriebes höre.

Hof 1991

Nach bereits knapp zwei Wochen war es dann so weit. Herr G. meldete sich und gab den Tipp, mit einem Wiener Kontakt aufzunehmen, der seinen Bauernhof, den er als „Wochenendhaus“ besaß, verkaufen wollte. Frau Fischer vereinbarte einen Termin und besuchte im Jänner 1991 den zukünftigen „Himmelschlüsselhof“. Es war ein wunderschöner Wintertag, der Schnee glitzerte und Margit Fischer verliebte sich sofort in das Anwesen. Die Lage war wunderbar, der Grund nicht zu steil, groß genug und arrondiert.

Das Bauernhaus selbst war sehr desolat, weil der Hof 17 Jahre nicht mehr bewirtschaftet wurde, und es wären viele Um- und Zubauarbeiten notwendig, um es zweckgemäß nutzen zu können. Intensive Überlegungen über Finanzierung und Leistbarkeit peinigten Margit Fischer in den folgenden Wochen.

Der Wiener, selbst Vater eines schwerstbehinderten Sohnes, der in einer Wiener Einrichtung untergebracht war, war so fasziniert von der Idee Margit Fischers, dass er mehrmals mit ihr Kontakt aufnahm, um ihr den Hof als ideal ans Herz zu legen und hoffte sehr darauf, sein Anwesen für diesen guten Zweck verkaufen zu können. 

Im April 1991 war es dann soweit: Margit Fischer kaufte das Anwesen, um eine sozialtherapeutische Arbeits- und Lebensgemeinschaft für Behinderte am Bauernhof zu gründen.

Anschließend begannen die Umbau- und Adaptierungsarbeiten am Hof. Das Haupthaus musste komplett saniert werden, ein Zubau für Wohn- und Therapiezwecke wurde errichtet und ein Teil des Innenhofes als Wintergarten überdeckt, um einen zentralen Raum zu schaffen. Der Schweinestall wurde in einen Wirtschaftsraum umgebaut und der Kuhstall renoviert. Vier Wohnplätze wurden geschaffen.

Zeitgleich wurde auch ein gemeinnütziger Verein als Träger der Einrichtung gegründet. 

Im Frühsommer 1992 konnten die ersten Adaptierungsarbeiten weitgehend abgeschlossen werden und der Betrieb wurde aufgenommen. Die ersten behinderten Jugendlichen konnten einziehen.

Der Beginn

Bau der Reithalle 1994
Ein Glockenturm wird gebaut (1996)

Im Juli 1992 bezogen vier geistig behinderte Jugendliche in der Wohngruppe den Himmelschlüsselhof. Margit Fischers Sohn Arthur kam aus rechtlichen Gründen in die Tagbetreuung. Drei Mitarbeiter und eine Praktikantin arbeiteten unter der Leitung von Margit Fischer am Aufbau der sozialen Einrichtung.

Die Landwirtschaft musste aufgebaut werden, eine kleine Weberei mit zwei Webstühlen wurde eingerichtet, die ersten Tiere bezogen den Hof. 

Im Laufe der Jahre wurden am Hof die notwendigen Umbauarbeiten erledigt, weitere Wohnplätze geschaffen, dringend benötigte Maschinen, die bis dahin aus der Nachbarschaft geborgt wurden, wurden angeschafft. 

1993 bis 1995 bezogen vier weitere Betreute Wohnplätze am Hof. 

1994 wurde ein eigener Pferdestall und eine kleine Reithalle für Therapiezwecke errichtet und damit der Beginn der Hippotherapie am Hof gesetzt.

1995 wurden Teile des Dachbodens im Haupthaus ausgebaut, um weitere Wohnplätze zu schaffen, die 2. Ausbaustufe, die vier weitere Zimmer brachte.

1996 konnten weitere Betreute in der Einrichtung einziehen, somit betrug die Zahl der zu betreuenden Menschen neun Bewohner und ein Klient mit Tagesbetreuung.

Die Hauskapelle
Arthurhaus

1999 war ein sehr einschneidendes Jahr für alle Bewohner und Betreuer am Himmelschlüsselhof, vor allem aber für Familie Fischer. Arthur verstarb im Februar an den Folgen eines Unfalles.  Eine sehr schwere Zeit begann. Arthur hinterließ nicht nur in seiner Familie eine große Lücke, seine Fröhlichkeit fehlte auch allen Betreuten. Gemeinsam wurde viel über den Tod geredet und die Situation so gut es ging aufgearbeitet. 

Eine Hauskapelle wurde errichtet, wo Arthur seine letzte Ruhestätte fand.

2003 wurde das Therapiehaus „Arthur-Haus“ errichtet und konnte 2004 in Betrieb genommen werden. Darin sind die Weberei, die Physiotherapie, zwei Mehrzweck-Therapieräume und Zimmer für Praktikanten und Mitarbeiter enthalten.

Der vorläufig letzte Umbau war im Jahr 2007. Im Haupthaus wurde die „alte Stube“ komplett saniert und daraus ein Betreuer- und ein Bewohnerzimmer errichtet. So konnte im Sommer 2007 der zwölfte Bewohner einziehen.